Das nächste Jahr hat es finanziell in sich: Die Krankenkassenprämien und die Stromkosten steigen, die Inflation hält weiter an. Wer keine Lohnerhöhung erhält, muss mit weniger Geld auskommen. Die AZ zeigt, was das für eine durchschnittliche Aargauer Familie bedeutet.
Momentan wird alles teurer: vor allem die Krankenkassenprämien, der Strom und das Heizen. Aber auch fast alle anderen Preise steigen aufgrund der Inflation an. Das alles könnte sich dank einer Lohnerhöhung in Grenzen halten – welche Branchen im Aargau welche Lohnanpassungen planen, finden Sie hier in unserer Übersicht. Doch was passiert, wenn keine entsprechende Lohnerhöhung erfolgt?
Dieser Frage ist Barbara Zobrist Weber von der Schuldenberatung Aargau Solothurn nachgegangen. Anhand einer durchschnittlichen, vierköpfigen Familie hat sie die Folgen der Teuerung im Jahr 2023 berechnet. In diesem Beispiel soll die Familie den Namen Sutter tragen. Der Vater arbeitet als Elektriker 100 Prozent und verdient netto 5600 Franken, die Mutter kommt bei einem 40-Prozent-Pensum als Physiotherapeutin auf 2200 Franken. Insgesamt stehen ihnen und ihren zwei Kindern somit 7800 Franken monatlich zur Verfügung. Der 13. Monatslohn wurde bei der Berechnung weggelassen.
1950 Franken benötigt Familie Sutter momentan noch für die Miete, 250 Franken davon sind als Nebenkosten gerechnet. Zusätzlich fallen noch 50 Franken für die Hausrats-und Haftpflichtversicherung und 900 Franken für die Krankenkassenprämien an. Denn auf eine Prämienvergünstigung hat die Familie aufgrund ihres zu hohen Einkommens keinen Anspruch.
Der Betrag für die Stromkosten beläuft sich auf 100 Franken, 608 Franken fallen für Steuern an. Damit das Internet und der Fernseher laufen, die Serafe-Gebühren abgedeckt sind und telefoniert werden kann, fallen Kosten von 160 Franken an. Weitere 863 Franken entstehen durch die Autokosten. Auf dieses ist Herr Sutter aufgrund seiner Arbeit angewiesen.
Hinzu kommen Haushaltskosten für Nahrungsmittel, Getränke, Pflegeprodukte und Putzmittel in der Höhe von 1140 Franken pro Monat, die persönlichen Ausgaben, zum Beispiel für Kleider, Freizeit und Coiffeur belaufen sich auf 920 Franken. Als Letztes weist der Budgetplan der Aargauer Familie 645 Franken für Rückstellungen aus. Darin sind die Franchise und Zahnarztbesuche sowie auch unvorhergesehene Ausgaben inbegriffen. Das sind rund 35 Prozent des gesamten Monatsbudgets.
Ende Monat hat Familie Sutter so etwa noch 465 Franken zur freien Verfügung. Dabei muss aber bedacht werden: Falls die Familie für ihre Kinder zweimal pro Woche einen Platz am Mittagstisch braucht, würde das Budgetmodell nicht mehr aufgehen. In diesem Fall wären sie auf die Grosseltern oder Freunde angewiesen, bei denen die Kinder zu Mittag essen könnten. Wenn Ganztagsbetreuung gewünscht wäre, gestaltet sich die Situation noch einmal schwieriger.
Nun steht das Jahr 2023 vor der Tür und mit ihm auch die Teuerung. Während die Hausrats-und Haftpflichtversicherung, die Steuern und die Serafe-Gebühren stabil bleiben, nehmen die Kosten in den anderen Segmenten zu. Die Steigerung der Nebenkosten wird auf 50 Prozent geschätzt, die Miete erhöht sich folglich auf 2075 Franken. Die Krankenkassenkosten erhöhen sich im kantonalen Durchschnitt um rund sechs Prozent auf 953 Franken. Der Strom kostet im Aargau nächstes Jahr durchschnittlich 25 Prozent mehr. Familie Sutter muss also 125 Franken bezahlen.
Aufgrund der steigenden Benzinpreise fallen die Mobilitätskosten mit rund 888 Franken pro Jahr etwas höher als im Vorjahr aus. Die Segmente Haushalt (1180), persönliche Ausgaben (952) und Rückstellung (668) steigen um jeweils 3,5 Prozent. Dies aufgrund der allgemeinen Teuerung.
Somit blieben den imaginären Sutters am Ende des Monats nur noch 142 Franken zur freien Verfügung, nachdem sie 2022 noch 465 Franken auf die Seite legen konnte. Auf den Monat gesehen verfügt die Familie über rund 323 Franken weniger, was ein jährliches Minus von 3870 Franken ergibt. Im angeführten Beispiel erhalten die beiden Eheleute aber keinen 13. Monatslohn. Ein solcher, im besten Fall gar für beide, würde der Familie etwas Last von den Schultern nehmen.
Bei der Berechnung hat sich die Budgetberatung an Durchschnittswerten orientiert. Das Budget wird in der Realität je nach Einzelfall und Höhe der Teuerung anders aussehen. Auch Punkte wie die Prämienverbilligung, Steuererhöhung und Erhöhung der Strompreise in den jeweiligen Gemeinden sowie die Steigung der Nebenkosten werden einen Einfluss haben.
Was sich aus diesen Berechnungen aber abzeichnet: Selbst wenn beide Elternteile arbeiten, könnte es für Familien im Kanton Aargau finanziell eng werden. So wird für die Einzahlung in die dritte Säule, grössere Ferien und Ersparnisse kaum mehr Geld übrig bleiben. «Klar ist, dass der teils aktuelle, aber auch fürs kommende Jahr prophezeite Kostenanstieg bei gleichbleibendem Einkommen das Budget von Herr und Frau Schweizer belasten wird, sodass schlussendlich spürbar weniger im Portemonnaie verbleibt», schreibt Barbara Zobrist Weber, Leiterin der Budget-und Schuldenberatung. Und: «Es ist davon auszugehen, dass insbesondere Menschen mit einem tiefen Einkommen stärker vom Kostenanstieg betroffen sein werden.»
Weiter zeige dieses Beispiel, so Zobrist, dass selbst Familien, in denen beide Eltern arbeiten, in finanzielle Engpässe kommen könnten. Insbesondere, da Personen oder Familien mit eher tieferen Einkommen in der Regel nur wenig Erspartes hätten, um die Zeit überbrücken zu können.
Wenn dann noch ein unvorhergesehenes Ereignis dazu kommt – etwa ein Jobverlust, eine Trennung oder ein Unfall –, könne es schnell passieren, dass jemand in die Schuldenspirale gerät. Zobrist empfiehlt deshalb, möglichst früh eine professionelle Budgetberatung in Anspruch zu nehmen.