Ein Augenschein an der neunten Ausgabe des Anlasses in Birmenstorf: Vier Teilnehmende erklären die Faszination.
Staubig ist es an diesem Freitag auf dem Hardwinkel-Gelände an der Fislisbacherstrasse in Birmenstorf. An allen Ecken und Enden wird die trockene Bodenmasse aufgewirbelt. Der Wind, ja selbst einfaches Laufen sorgt dafür, dass sich die Menschen die Hände vor die Augen halten. Doch für die grössten Staubwirbel sorgen andere: kleine, grosse Militärfahrzeuge und Panzer aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Sie alle sind hier, um die neunte Ausgabe des «Convoy to Remember» zu zelebrieren. «Im Gedenken an die Befreiung Europas» ist das Motto des diesjährigen Events.
«1995 ist mir die Idee in den Skiferien gekommen», erzählt «Convoy»-Gründer Adrian Gerwer. Er selbst ist bereits seit vielen Jahren begeisterter Sammler von Militärfahrzeugen. 1944, im zarten Alter von 15 Jahren, erwarb er sein erstes Fahrzeug, einen Saurer M8. «77-44» steht dort in grossen Lettern geschrieben.
Gerwer liefert die Erklärung gleich nach: «Der Saurer ist 77 Jahre alt, seit 44 Jahren ist er in meinem Besitz.» Liebe auf den ersten Blick sei es gewesen, als, er den Lastwagen für 800 Franken von seinem Lehrlingslohn damals erstehen konnte. Das Interesse an den Armeegefährten sei nicht aus militärischem oder gar kriegsinteressiertem Hintergrund vorhanden. Diese Aussage hört man oft an diesem Tag. Viel mehr liegt es an der Technikaffinität der Teilnehmenden und Organisierenden. Dieses Feuer entfachte der Saurer M8 auch bei Gerwer. Gemeinsam mit seinem Vater, der damals bei der Saurer AG arbeitete, restaurierte er das Gefährt in den folgenden drei Jahren. Aus diesem einen Fahrzeug sei mittlerweile eine ganze Flotte geworden, wie Gerwer sagt. Seit 1996 kommen im Dreijahresrhythmus Begeisterte und Sammelnde nach Birmenstorf.
Was mit 150 Fahrzeugen begonnen hat, ist mittlerweile bei 700 Gefährten und 20000 erwarteten Besuchenden über das Ganze Wochenende angelangt.Neben vielen Ständen und einer Festwirtschaft stellt die Panzerausstellung ein grosses Highlight dar. Dort gibt es den ältesten noch funktionierenden Panzer der Schweiz zu sehen, den Panzerwagen 39, Typ LTL-H, genannt «Praga». 24 dieser in der ehemaligen Tschechoslowakei hergestellten Art beschaffte sich die Schweizer Armee 1939.
Auf einer 600 Meter langen Präsentationspiste können die Besuchenden als Beifahrende ihre erste Erfahrungen in den Panzern machen. Ein Radschützenpanzer wird dabei von Markus Blocher, Sohn von SVP-Doyen Christoph Blocher, gesteuert. «Ich habe mich dem Organisatorenteam als Chauffeur anerboten», sagt der CEO der Chemiefirma Dottikon ES. Wie gut er das Fahren denn beherrsche? «Es liegt mir im Blut, ich sitze seit meiner RS hier drin», sagt der Panzergrenadier-Offizier. «Ich nehme euch mit auf eine Fahrt.» Auf den Einwand eines Besuchenden, dass dieser bereits Panzerfahrten erlebt habe, entgegnet Blocher locker: «Aber nicht mit mir.» Er lässt seinen Worten sofort Taten folgen. Rasante 1,8 Kilometer später ist auch der Hinterletzte überzeugt. Dieser Mann beherrscht sein Handwerk.
Durch den Staub, den die Panzer verursachen, gehen die «Reenactorcamps» fast ein wenig unter. Dort präsentieren sich verschiedene Gruppierungen in den Militärtenues aus vergangenen Zeiten. Bei den heissen Temperaturen stehen sie den ganzen Tag in der prallen Sonne. Eine Tenuerleichterung ist aber kein Thema. «Unsere Väter haben bei gleichen Konditionen dasselbe getragen, das lässt der Stolz nicht zu», sagt Tobias Weibel, Kassier vom «Verein Schweizer Armeefreunde». Wie seine Kameradinnen und Kameraden trägt er die Armeeuniform, die von 1961 bis 1995 Usus war. Der Trick gegen die Hitze: Einmal an, legt man die Bekleidung nicht mehr ab. «So gewöhnt sich der Körper an die Temperatur.» Die Faszination begann auch bei ihm mit einen Militärfahrzeugerwerb.
Im Verein befinden sich auch Frauen. Eine davon ist Linda Balmer. Die 30-Jährige ist seit 2016 Mitglied. «Ich war schon immer historisch interessiert, da war es für mich klar.» Sie werde ab und an schräg angeschaut, wenn sie den Leuten ihre Hintergründe aber erklärt, würden die es eine gute Sache finden.
Abgerundet wird der Tag von einer punktgenauen Landung eines Fallschirmspringers der die Schweizerfahne platziert, und der Patrouille Suisse, die über das Gelände fliegt.