Katholisch und konfessionslos. So präsentiert sich die Basler Kirchenlandschaft rund um Ostern 2022. Ein Trend, der bereits länger anhält.
Die Stadt Basel ist reformiert, und damit basta! Jede Baslerin und jeder Basler würde diesen Satz diskussionslos unterschreiben. Nun, die Statistiken sprechen eine etwas andere Sprache. Wobei «etwas» noch untertrieben ist. Denn neben der konfessionslosen Übermacht – zugegebenermassen erwartbar, da Basel seit Jahren schweizweiter Spitzenreiter in dieser Kategorie ist – wähnen sich die Katholiken seit den späten 90er-Jahren in der Mehrheit. Wie konnte es so weit kommen, dass die Vorreiterarbeit des Basler Reformators Johannes Oekolampad so in Vergessenheit geraten ist?
Fakt ist, dass die Zahlen bei den Reformierten und den Katholiken seit den 1970er-Jahren rückläufig sind. Beide Gemeinschaften leiden seither unter einer hohen Anzahl an Kirchenaustritten. Ein Blick in die Statistik des Kantons Basel-Stadt zeigt: Im Jahr 1970 gab es in Basel-Stadt rund 73000 Katholiken und 98000 Reformierte.
1990 waren es noch rund 59000 Katholiken und 76000 Reformierte, im Jahr 2000 lag die Anzahl gemäss Volkszählung bei je rund 39000 Personen. Der Rückgang ist seither bei beiden recht gleichmässig.
Lukas Ott, Leiter der Kantons-und Stadtentwicklung des Kanton Basel-Stadt, sieht drei Gründe für die stärkeren Rücklaufzahlen bei den Protestanten. Ein Punkt sei für ihn der grössere Sterbeüberhang. «Volkskirchen gewinnen ihre Mitglieder über Geburt. Protestantische Familien haben durchschnittlich weniger Kinder als katholische Familien.» Des Weiteren sei die Reformierte Kirche auch eine sogenannte «Wanderungsverliererin». «Protestanten gehören soziologisch zu den Begüterteren und konnten sich Einfamilienhäuser leisten», sagt er. Viele seien jedoch auf die angrenzenden Gemeinden in der Agglomeration ausgewichen.
Im Kanton Basel-Stadt gibt es hierbei aber ein grosses Problem. Wer in die Agglo zieht, der wechselt seinen Wohnsitz automatisch in den Kanton Baselland. Somit gehen diese Protestanten in der Statistik von Basel-Stadt «verloren». Als eine dritte wichtige Ursache sieht Ott den Herkunftsort der Zuziehenden. «Zuzüger in den Kanton kamen vor der Jahrhundertwende häufig aus Italien und Lateinamerika, also katholisch geprägten Ländern.» Dieser Effekt habe sich in den beiden letzten Jahrzehnten reduziert, die meisten Zuzüger kämen inzwischen aus Deutschland, gefolgt von Grossbritannien und Frankreich.
Dennoch müsse auch klar gesagt werden, dass die Austritte sich seit den 1970er-Jahren deutlich reduziert hätten. «Trotzdem haben die Römisch-katholische Kirche und die Evangelisch-reformierte Kirche auch im letzten Jahrzehnt zusammen noch rund 8000 Mitglieder verloren», sagt Ott. Wie sich die Mitgliederzahlen weiter entwickeln werden, hänge von den Wanderungsbewegungen, der veränderten Zusammensetzung der Bevölkerung aufgrund von Sterbefällen und Geburten sowie der weitergehenden Säkularisierung ab. «Auf Grundlage dieser Einflussfaktoren ist ein weiterer Rückgang der Mitgliederzahlen nicht ausgeschlossen», sagt Ott.
Im Duell um die höchste Konfessionslosenquote der Schweiz führt Basel-Stadt klar. Laut Ott hänge dies damit zusammen, dass Basel von einem liberalen Bürgertum geprägt ist und es sich um einen Stadtkanton handelt. «Basel-Stadt ist daher mit anderen Kantonen nicht einfach zu vergleichen.» Angrenzende Ortschaften gehören – im Gegensatz zu beispielsweise Zürich – nicht mehr zum Kanton. «Die ‹bevölkerungsstabileren› Aussenquartiere von Basel liegen in einem anderen Kanton.» Der hohe Anteil von Konfessionslosen in Basel sei daher auch auf einen statistischen Effekt zurückzuführen. «Würde man die Innenstadt von Zürich und Genf mit unseren Verhältnissen in Basel-Stadt vergleichen, würde man wohl eine ähnliche Quote an Konfessionslosen messen», sagt Ott. Ob es wieder eine Rückkehr der Protestanten zur Nummer eins im Kanton geben wird, steht in den Sternen geschrieben. Der Mitgliederrückgang bei der Katholischen Kirche war im letzten Jahrzehnt stärker ausgeprägt. «Dass die Reformierten die Katholiken in Bezug auf die Mitgliederzahl wieder ‹überholen› scheint also möglich, ist jedoch nicht mit Sicherheit vorherzusagen.»